Ich heiße Razieh Golfeshani, bin 46 Jahre alt und komme aus dem Iran, aus Teheran. Ende 2015 bin ich alleine nach Deutschland gegangen, meine Familie ist im Iran geblieben. Ich habe dort als Rechtsanwältin gearbeitet, aber diesen Beruf kann ich hier leider nicht so ohne Weiteres ausüben. Dazu muss ich erst noch meine Sprachkenntnisse verbessern. Doch ich kann mir auch vorstellen, etwas komplett anderes zu machen, einen ganz neuen Beruf. Was das sein könnte, weiß ich noch nicht.
Auch im Iran war ich schon ehrenamtlich tätig. Als Anwältin war es mir ein wichtiges Anliegen, auch Menschen Rechtsbeistand anzubieten, die das brauchten, aber nicht genug Geld dafür hatten. Als ich nach Deutschland gekommen bin, hat mir die ehrenamtliche Hilfe anderer Menschen sehr geholfen. Am Anfang dachte ich, das sei deren Job. Erst später habe ich erfahren, dass die das alles freiwillig und unentgeltlich gemacht haben. Das hat mich sehr berührt und tief beeindruckt. Für mich war das wie ein Geschenk von oben.
Im Iran war ich unabhängig, kannte mich mit der Rechtslage gut aus und hatte ein sehr gutes Einkommen. Hier war die Situation völlig anders für mich, ich war auf die Hilfe anderer angewiesen und musste lernen, diese Hilfe anzunehmen.
Als ich einigermaßen die deutsche Sprache gelernt hatte, habe ich Landsleute, die neu in Hamburg angekommen waren, bei Behördengängen begleitet und ihnen, soweit ich das schon konnte, Übersetzungshilfe geleistet. Seit einigen Monaten bin ich nun ehrenamtlich im Vorstand des Vereins Flüchtlingshilfe Harvestehude
tätig. Unser Ziel, unser Anliegen ist es, Geflüchtete so nachhaltig wie möglich dabei zu unterstützen, in Hamburg ein neues Zuhause zu finden. Dazu bieten wir unterschiedliche Arbeitsgruppen an. Das reicht von allgemeinen Beratungen bis hin zu Kinderbetreuung, Nachhilfe und solche Sachen. Und Sprachkurse bieten wir auch an. In meiner Anfangszeit hier in Hamburg war der Verein wie mein zweites Zuhause. Ich fühle mich sehr geehrt, nun selbst aktiv dabei sein zu können.
Für mich ist es wichtig, dass ich mich in der Gesellschaft, in der ich lebe, engagiere und für das Wohl anderer Menschen einsetze. Denn so kann ich mich als Teil dieser Gesellschaft fühlen. Wir leben doch viel zu oft nur in unserer eigenen Welt, denken nur an unsere eigene Situation und verlieren den Blick für andere. Das Leben ist aber ein Geben und Nehmen. Wenn wir nur an das eigene Wohl denken, werden wir nicht weit kommen und irgendwann sehr einsam sein. Das möchte ich nicht. Ich fühle mich sehr wohl, wenn ich sehe, dass andere Menschen mit meiner Unterstützung etwas Lebensfreude erfahren.